Geschichte der Sammlungen des Deutschen Meeresmuseum
In ihrer thematischen Spezialisierung, die erst vor etwa 30 Jahren begann, sind die Sammlungen des Deutschen Meeresmuseums im Vergleich zu den Sammlungen anderer großer naturkundlicher Museen relativ jung. Allerdings begann der Aufbau der wissenschaftlichen Sammlung, damals noch ohne spezifisch marine Ausrichtung, schon viele Jahre vor der Gründung des Museums. Es war Prof. Otto DIBBELTs Jugendtraum, in seiner Vaterstadt Stralsund ein naturwissenschaftliches Museum aufzubauen.
So erwarb er schon 1925 für den Kolberger Naturwissenschaftlichen Verein das Skelett eines im August 1899 am östlichsten Mündungsarm der Oder bei Dievenow tot angetriebenen Finnwals. Vorher wurde dieser Wal im Strelasund und im Greifswalder Bodden beobachtet, offenbar auch gejagt und angeschossen. DIBBELT kaufte das Skelett dem Kaufmann KREBS und dem Dachdeckermeister SCHULZE aus Cammin für 1.000,- RM ab. Nach der Überführung der naturwissenschaftlichen Sammlungen nach Stralsund und Einlagerung im Rathaus in den Jahren 1942/43, wurde der Wal nach der Museumsgründung in der Katharinenhalle aufgestellt. DIBBELT hielt daran Vorlesungen über diese Giganten der Meere ab. In den ersten Nachkriegsjahren, ab 1947, nutzte DIBBELT jede weitere Möglichkeit, Sammlungsgut in Stralsund zu konzentrieren. Die Herkunft dieses Sammlungsguts war vielfältig. Es handelte sich um alte Schulbestände und Privatkollektionen, Jagdtrophäen aus Gutshäusern, exotische Tierpräparate aus Sammlerhand, Spenden aus der Bevölkerung, aber auch um wertvolle wissenschaftliche Privatsammlungen.
Unter der Leitung von Dr. Sonnfried Streicher fand die Profilierung zum Meereskundlichen Museum statt und der Sammlungsbestand wurde meeresbiologisch ausgerichtet. Nicht zu diesem Themenbereich gehörige Sammlungsteile wurden zwischen 1967 und 1977 an andere, für die entsprechenden Bereiche in der DDR zuständige Museen abgegeben. In Stralsund verblieben nur die Sammlungsteile mit maritimem Charakter, wie z. B. alle Meeresmollusken und andere wirbellose Meerestiere, alle Meeresreptilien, Meeresfische, Küsten- und Seevögel sowie die Meeressäugetiere und die Fossilien von Meerestieren.
Bei der Abgabe von Objekten an andere Museen erwarb das MEERESMUSEUM im Gegenzug umfangreiches meereskundliches Material, vor allem Korallen, Flüssigkeitspräparate von marinen Wirbellosen und Wirbeltieren sowie Skelette von Meeressäugern und Meeresschildkröten. Besonders alte und z. T. sehr wertvolle Exponate wurden vom Anatomischen und Zoologischen Institut der Universität Greifswald, vom Zoologischen Institut der Universität Rostock und vom Museum für Natur- und Völkerkunde "Julius Riemer" in Wittenberg übernommen.
Zwischen 1967 und 1989 wurden wesentliche Teile, vor allem der Sammlungen an Meeresfischen und -vögeln, aus allen Hauptregionen des Weltmeeres durch Besatzungsmitglieder der Fischerei- und Handelsflotte der DDR zusammengetragen. Die Sammeltätigkeit dieser Fahrensleute war so ergiebig, dass die Menge des Gesammelten bis heute noch nicht vollständig aufgearbeitet werden konnte. Dieser Fundus wurde durch gezielt durchgeführte eigene Sammelreisen ergänzt, von denen als bisher erfolgreichste "Acropora 76" und "Acropora 79" zu nennen sind.
Auf diesen Expeditionen in das Rote Meer, die zusammengerechnet fast acht Monate dauerten, wurden weit über 6 000 Sammelproben aus tropischen Korallenriffen geborgen. Weitere Expeditionen in den siebziger und achtziger Jahren an warme ost- und westafrikanische Küsten, an die Schwarzmeerküste, an die Adria, an das Mittelmeer, aber auch in das nördliche Eismeer, erweiterten die Sammlungsbestände. Seit Bestehen des Museums engagierten sich eine Reihe von Personen für die Erweiterung der wissenschaftlichen Sammlung, indem sie ihre Privatsammlungen teilweise oder sogar komplett dem Deutschen Meeresmuseum übereigneten. Besonders erwähnenswert ist hier das Engagement von RUDI und LUZINDA ENZENROSS, auf deren Wirken eine wesentliche Erweiterung der Sammlungsbestände an Krebsen und Mollusken aus dem Mittelmeer und von der europäischen Atlantikküste zurückzuführen ist.