Die Verschmutzung der Umwelt ist ein allgegenwärtiges Thema, das unser Denken und Handeln nachhaltig beeinflusst. Trotz des wachsenden Bewusstseins für die ökologischen Probleme unserer Zeit und die Offenlegung der komplexen Verflechtungen der globalisierten Gesellschaft mit dem fragilen Gleichgewicht unseres Biosystems, ist es nach wie vor schwer, die Tragweite unseres Handelns zu verstehen.
Der Mensch als soziales Wesen kommuniziert nicht nur durch verbale Sprache, sondern auch durch Gestik und Mimik. Gerüche, Farben, der eigene Erfahrungsschatz und die Atmosphäre im Außenraum beeinflussen die Wahrnehmung. Ausgehend von der Faszination für die Architektur des OZEANEUMs und infolge der Auseinandersetzung mit wissenschaftlichem Material greifen die Klangkünstlerin Kirsten Reese und der Projektionskünstler Robert Seidel akustische, räumliche und visuelle Elemente auf und sprechen unsere Wahrnehmung auf vielfältige Weise an.
Robert Seidel setzt sich in seiner Arbeit mit den Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz (KI) auseinander. Mit digitalen Werkzeugen verwebt er Lebensformen aus der Tier- und Pflanzenwelt miteinander. „Ich projiziere abstrakte Filmsequenzen auf Ausstellungsobjekte im OZEANEUM. So kann ein spekulativer Blick auf natürliche Lebensprozesse geworfen werden: Das unentwegte Wachsen, Verbinden, Mutieren und Verfallen von Millionen Jahren Evolution werden zu Minuten komprimiert“, erklärt Robert Seidel. Für „Homeostasis“ bedient er sich der vielfältigen Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz, die durch maschinelles Lernen neue Bildwelten und Sinnzusammenhänge erschaffen kann. Als Grundlage dient die Ausstellung im OZEANEUM. Diese wird als Trainingsdatensatz für Algorithmen genutzt, die nach der Analyse und der selbstständigen Ableitung von Mustern sowie Gesetzmäßigkeiten zu etwas Neuem kombiniert werden.
In einer poetischen Verknüpfung ihrer musikalischen Arbeit mit Lauten und Klängen von in und an den Ozeanen lebenden Tieren – vor allem Walen, Robben, Pinguinen – sowie von Meeresgeräuschen sinniert die Komponistin Kirsten Reese über das reale und künstliche Leben. Die Vielfalt und Schönheit der Klänge, die Rhythmen und Muster der Stimmen anderer Lebewesen und ihre Transformationen werden in „Homeostasis“ zu einem utopischen Entwurf für eine artenübergreifende Koexistenz und einen neuen Gleichgewichtszustand verbunden. Kirsten Reese geht von der am OZEANEUM angesiedelten Forschung aus und knüpft in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftler*innen an Fragestellungen auf dem Gebiet der Bioakustik an. „Dabei steht immer im Mittelpunkt, die Fremdheit der mysteriösen akustischen Welt unter Wasser aufzugreifen und die für das menschliche Ohr ungewöhnlichen Stimmen und Klänge über eine musikalische Adaption zu würdigen“, so Reese.
Kirsten Reese (*1968), Komponistin und Klangkünstlerin, wuchs in Hongkong, den Philippinen und im Rheinland auf und studierte Flöte und elektronische Komposition in Berlin und in New York. Sie komponiert für elektronische Medien, Instrumente und ungewöhnliche Wahrnehmungssituationen, Räume und Lautsprecherkonstellationen. Rechercheintensive Projekte verbinden historische Themen und Archivaufnahmen mit Field Recordings und immersiven Soundscapes. Einen Schwerpunkt bilden Arbeiten zu akustischer Ökologie und Kompositionen, Installationen und Audiowalks für Landschaften und den urbanen Außenraum. Kirsten Reese ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Sie unterrichtet an der Universität der Künste Berlin elektroakustische Komposition.
Robert Seidel (*1977) begann ein Biologie-Studium, wechselte an die Bauhaus-Universität Weimar und schloss dort mit einem Diplom in Mediengestaltung ab. Seine Projektionen, Installationen und Experimentalfilme wurden auf zahlreichen internationalen Festivals, in Galerien und in Museen wie dem Palais des Beaux-Arts Lille, ZKM Karlsruhe, Art Center Nabi Seoul, Young Projects Los Angeles, Museum of Image and Sound São Paulo und MOCA Taipeh gezeigt. Seidel erhielt für seine Arbeiten verschiedene Preise, etwa den Ehrenpreis der KunstFilmBiennale und dem Visual Music Award Frankfurt. Der Künstler ist an der Grenzerweiterung von abstrahierter Schönheit durch kinematografische, technologische und wissenschaftliche Ansätze und deren emotionaler Wirkung interessiert. Robert Seidel lebt und arbeitet in Berlin und Jena als Künstler sowie Kurator.
Das Museum bietet beiden Kunstschaffenden eine Plattform, die ein breites Publikum anspricht. Im Gegenzug können Interessierte das OZEANEUM jenseits seiner klassischen Vermittlungswege erleben.
Die Inszenierung wird während der Öffnungszeiten am 23. September von 11 bis 14 Uhr und am 24. September von 14 bis 18 Uhr gezeigt.
Der Eintritt ist im Museumsticket inbegriffen.