Sechzehn Meter lang und fast zehn Tonnen schwer war der junge männliche Finnwal, der am 8. April 1825 an der Westküste Rügens strandete. Es war eine Sensation in der ländlichen Region nahe des Ortes Lieschow auf der Halbinsel Ummanz, die sich schnell herumsprach. Zum einen kamen Wale in der Ostsee äußerst selten vor, zum anderen wusste man damals noch nicht, um welche Walart es sich genau handelte. Obwohl Fischer bereits begonnen hatten, den Wal-Speck für den Verkauf abzutrennen, konnte das tote Tier letztlich für die Universität Greifswald erworben und geborgen werden. Später fanden sich die Rückenfinne und der Penis des Wals in einem Gasthof in Gingst.
Bereits am 18. April 1825 machte das Tier auf dem schwierigen Transport nach Wieck bei Greifswald in Stralsund Zwischenstopp und wurde „zur Befriedung der Wißbegier des Publikums“ zur Schau gestellt. In Greifswald untersuchte und skelettierte man den Kadaver. Die schwer zu entfettenden riesigen Knochen füllten mehrere Tonnen in den beengten Fluren des Anatomischen Instituts. Nachdem das Skelett endlich entfettet war, konnte es zusammengesetzt und ausgestellt werden. Ende des 19. Jahrhunderts kam das Skelett in das Zoologische Institut und Museum der Universität Greifswald. Es tropfte dann dem Direktor Jahre lang auf den Schreibtisch. Eine vollständige Entfettung der Knochen war damals nicht möglich. So berichtete es Gerhard Schulze, Diplombiologe und ehemaliger stellvertretender Direktor des MEERESMUSEUMs.
1968 wurde das Skelett schließlich dem MEERESMUSEUM übergeben, professionell überarbeitet, vollständig entfettet und neu montiert. Seit 1974 hängt es im Chor der Katharinenhalle. Vier Jahre später konnten drei weitere Präparate des Wals, darunter der Penis, vom MEERESMUSEUM übernommen werden. Sie wurden zusammen mit dem Skelett und Erklärungen zur Strandung des Wals ausgestellt. Im Jahr 2011 wurde das größte biologische Ausstellungsobjekt des MEERESMUSEUMs nochmals umfassend restauriert, erhielt eine neue Aufhängung und anatomische Korrekturen. Die Modernisierung des MEERESMUSEUMs ab dem Jahr 2020 überdauerte das Skelett gut verpackt als eines von wenigen Exponaten an Ort und Stelle.
Die Historie dieses besonderen Sammlungsobjekts zeigt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und museale Vermittlungstechniken sich ständig weiterentwickeln. Ergänzt um so manche Anekdote, ist die Geschichte des vor 200 Jahren gestrandeten Finnwals wohl noch lange nicht auserzählt. Es heißt sogar, an diesen Exponaten nahm die deutsche Walforschung ihren Anfang.